„Breaking News“ kann man aus dem englischen sehr unspektakulär mit „Eilmeldung“ übersetzen. Denn genau das ist meist damit gemeint. Eilmeldungen, die beispielsweise am unteren Bildrand eines Nachrichtensenders durchlaufen. Eilmeldungen von sehr unterschiedlicher Wichtigkeit: das kann die Ankündigung einer Invasion genauso sein wie die überraschende Änderung eines Börsenkurses. Auf die eine Eilmeldung folgt schon die nächste. Ungerührt wird sie der Nachrichtensprecher kurz darauf etwas ausführlicher verlesen. Selbst Katastrophen werden zur alltäglichen Routine.
Ich möchte „Breaking News“ etwas kraftvoller übersetzen mit „Hereinbrechende Neuigkeiten“ und dieses Wort auf Jesus beziehen. Ich meine damit nicht die „breaking news“ im oben genannten Sinn, die es im Leben Jesu auch gegeben hat, etwa seinen Prozess und die Kreuzigung. Ich meine damit vielmehr die hereinbrechenden Neuigkeiten seiner Botschaft. Und da hat das Evangelium von diesem Sonntag einige davon.
Denn wem etwas weggenommen wird, der möchte es wieder bekommen.
Und wer Geld verleiht, der will es zurück.
Und wer geschlagen wird, der wehrt sich oder flüchtet.
Die hereinbrechende Neuigkeit des Denkens Jesu klingt so:
Wem etwas weggenommen wird, der lasse es dem Dieb.
Und wenn einer nicht mehr zurückgibt, was er ausgeliehen hat, der soll es erlassen bekommen.
Und wenn einer dich schlägt, dann sag ihm, er soll noch einmal zuschlagen.
Das sind neue Gebote, die Jesus da verkündet und sie klingen unsinnig. Der Grund ist: sie werden oft in einen falschen Zusammenhang gesetzt. So als wären sie Handlungsanweisungen für das private Leben. Dieser Fehler wird regelmäßig bei den Geboten des Alten Testamentes, bei den zehn Geboten, ebenfalls gemacht. Denn sie werden mißbraucht als moralische Anweisungen für Kinder. Aber so waren sie nie gedacht. Die zehn Gebote sind wie die neu hereinbrechenden Gebote Jesu im heutigen Evangelium Hinweise für das soziale und politische Leben einer Gemeinschaft. Die Botschaft Jesu - und das ist damals wie heute tatsächlich hereinbrechend und bahnbrechend - lautet: Das Zusammenleben im Volk Gottes wird auf Dauer nur fruchtbringend sein, wenn wir neue Verhaltensweisen einüben.
Dass dazu ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und Souveränität erforderlich sind versteht sich von selbst.
Gemeinschaft wird auf Dauer nur funktionieren, wenn wir bereit sind auf etwas zu verzichten, was uns unrechtmäßig weggenommen wurde, wenn wir Schulden erlassen und wenn wir eine Vergeltungsschlag unterlassen. Anders wird eine gerechte, friedliche Weltordnung nicht zu erreichen sein. Das betrifft jede Gemeinschaft.
Das betrifft Staaten. Die Diskussion über den längst fälligen Schuldenerlass für die ärmsten Länder ist ein aktuelles Beispiel.
Das betrifft Städte und Gemeinden. Würde jeder seine Rechte unnachgiebig einfordern, würde nichts mehr funktionieren.
Das betrifft die Kirche. Denn der Verzicht auf jede Form von Bevorzugung muss radikal sein.
Die Botschaft Jesu ist eine hereinbrechende Neuigkeit, eine „breaking news“. Aber sie kann es nur sein, wenn wir sie nicht zu einer Privatangelegenheit machen. Verkündiger in der Kirche haben das oft genug gemacht und damit den Einzelnen überfordert und die Gemeinschaft der Beliebigkeit überlassen.
Sebastian Nüßl, Diakon
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