Direkt zum Hauptbereich

Auszug aus der Predigt am Faschingssonntag, 27.02.2022 von Stadtpfarrer Franz Reitinger

 Liebe Mitchristen, liebe Schwestern, liebe Brüder,

bevor er so richtig begann, ist der Fasching auch heuer wieder

von der Bildfläche verschwunden.

Hatte die Corona-Pandemie schon vieles unterbunden,

war die Lust auf Karneval mit dem Münchner Gutachten um Missbrauch und Vertuschung schon merklich reduziert,

so hat der Krieg, die Aggression Putins gegen die Ukraine die meisten von uns auf einen Tiefpunkt der Faschingslaune geführt.

Wie sollten wir uns auch als Narren gebärden,

während Raketen und Bomben, Flugzeuge und Panzer wehrlose Menschen gefährden.

Ich sage es deutlich, wenn auch in Reimen.

Die Lage in Europa ist seit Donnerstag nur noch zum Weinen.

Die Ukraine und sein demokratisch gewählter Präsident ist in höchster Gefahr.

Es steht zu befürchten, dass er nicht das letzte Opfer von Putins menschenverachtender Diktatur war.

Ja, meine lieben Mitchristen, ich wäre so gerne auf die Kanzel gegangen,

Und hätte so gern mit harmlosen, lustigen Versen Sie eingefangen.

Doch das wäre heute nicht ehrlich.

Darum sind die lustigen Verse heuer fast ganz entbehrlich.

Dass ich dennoch Reime schmiede,

das soll nur zeigen, dass ich dem Fasching, dem Karneval, dem Kabarett meine Referenz entbiete,

denn diese Künste leisten viel.

So viele Künstler sprechen und singen mit Stil,

sie verstehen es den Raum der Freiheit zu weiten,

wo Diktatoren die freie Kunst des Wortes beschneiden.

Auch sie, ob gläubig oder nicht,

sind ein Teil in Gottes großartigem Gedicht,

das er der Welt gewidmet, der Erde, seinem Lieblingsstern,

der bestimmt war als irdische Heimat dem Messias, dem Christus, unserem Herrn.

Und hat er, der Menschensohn,

nicht freiwillig gewählt eine armselige Krippe und dann ein Kreuz als seinen Thron?

Mit anderen Worten, an seinem Leben und Sterben konnte man schon ablesen,

dass an seiner fast wehrlosen Liebe soll unser Menschsein genesen,

nicht an Macht, nicht an brutaler Gewalt.

Nein, davon wird der Mensch, damit wird kein Reich und keine Dynastie auf Dauer alt.

Die subversive Kraft des Evangeliums wird immer wieder siegen,

auch wenn die Dämonen des Bösen die Guten nicht selten bekriegen.

Doch die Geschichte des Christentums hat uns bis heute gezeigt,

dass die Wahrheit und das Zeugnis des Glaubens nicht schweigt,

dass Märtyrer und Blutzeugen immer wieder das Feuer, die Leidenschaft für Jesu Botschaft entfachen.

Das ist etwas anderes als unsere kleinkarierten, egoistischen Sachen.

Papst Franziskus hat für den Aschermittwoch einen Tag des Fastens und Betens für die Ukraine angesetzt.

Manche sind skeptisch, ob das was hilft, wenn ein hochgerüsteter Staat seinen kleinen Nachbarn besetzt.

Ich aber finde das gut, dieses fast hilflose Zeichen.

Denn müssen in Gottes Logik am Ende nicht doch die bis zu den Zähnen bewaffneten Potentaten den barfüßigen Friedensstiftern weichen?

Auch ein Nero, ein Stalin, ein Hitler und wie sie alle hießen,

waren am Ende nur armselige Menschen, die als verwesliche Leichen diese Erde verließen.

Mensch, bedenke, dass du Staub bist“, so wird es uns am Aschermittwoch gesagt.

Ich hoffe sehr, dass so ein Satz auch in Wladimir Putins Gehirnwindungen nagt

und ihm und anderen Potentaten ihre Ausreden, ihre demagogischen Sätze und den ruhigen Schlaf raubt,

damit sie merken, was ein einfacher Mensch, den sie ins Unglück trieben, glaubt,

dass sie nämlich als Teufel waren auf Erden,

die dafür von Gott gerichtet werden.

Darf man so etwas noch denken“, habe ich mich gefragt.

Oder war die letzte Aussage doch etwas gewagt.

Natürlich will ich mich selbst nicht als Richter aufspielen,

ich lege in Demut all das in Gottes Ratschluss, in seinen gütigen, weisen, gerechten, barmherzigen Willen.

Ich vertraue darauf, dass er, der Ewige, alles sieht und begreift,

was verdorrt und ihm sich entzieht, und was umgekehrt über sich hinauswächst und ihm, dem Liebenden, entgegen reift.

 

Stadtpfarrer Franz Reitinger

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann Kirche im Januar 2022 noch Heimat sein? Predigt zum 4. Sonntag i. J.

Um die Kirche steht es schlecht. So viele Unklarheiten, so viele patriarchale Strukturen, Missbrauch, Vertuschung, unguter Umgang mit Homosexualität und anderes mehr. Nicht wenige haben das Gefühl, die Kirche, die ihnen Heimat war, bricht aus ihrem Leben weg. Heimat zu verlieren aber ist schmerzhaft.  Auch Jesus ist im Evangelium vom heutigen Sonntag dabei, seine Heimat zu verlieren. Nicht nur wird kein Prophet in seiner Heimat anerkannt, wie er im heutigen Evangelium sagt. Noch dazu provoziert Jesus die Menschen seiner Heimat. Denn er weist auf Ereignisse hin, bei denen sich Gott nicht als Gott der Juden erwiesen hat, sondern als Gott von Fremden - beispielsweise eines Syrers. Der wurde vom Aussatz geheilt, nicht die Kranken Israels. Provokationen, die die Menschen seiner Heimat verärgern und fast zur Lynchung Jesu führen. Doch der schreitet mitten durch die Menschenmenge und geht weg, wie in dieser Stelle aus dem Lukasevangelium zu lesen ist. Die Provokation Jesu ist die Aussage: Go

Zum 3. Fastensonntag - Gedanken von Pfarrer Franz Reitinger

Die Gleichnisgeschichte, die Jesus im heutigen Evangelium erzählt, kann man ganz leicht falsch verstehen. Gott ist nicht, wie man denken könnte, so wie der Besitzer dieses Weinbergs, der am liebsten den unfruchtbaren Feigenbaum umhauen würde. Gott ist so, wie diese Geschichte ausgeht. Gott hat Geduld mit uns Menschen, auch wenn wir oft genug wie nutzlose und unfruchtbare Bäume herumstehen. Doch die Geduld Gottes hat auch ein Ziel: Gott traut es uns zu, dass wir die Zeit unseres Lebens gut nutzen. Und Jesus will uns mit seinem Gleichnis dazu motivieren, gleich heute damit zu beginnen – damit zu beginnen umzukehren, uns nicht nur mit halber, sondern mit ganzer Kraft um das Gute zu mühen, fruchtbar zu werden für das Reich Gottes. Und noch ein Zweites können wir aus dem Evangelium lernen. Manchmal meinen wir – genauso wie die Leute, die zu Jesus kommen und ihm die neuesten Nachrichten erzählen, was wieder Schreckliches passiert ist – manchmal meinen wir, ein Schicksalsschlag, ein plötzli