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Zum 3. Fastensonntag - Gedanken von Pfarrer Franz Reitinger

Die Gleichnisgeschichte, die Jesus im heutigen Evangelium erzählt, kann man ganz leicht falsch verstehen. Gott ist nicht, wie man denken könnte, so wie der Besitzer dieses Weinbergs, der am liebsten den unfruchtbaren Feigenbaum umhauen würde.

Gott ist so, wie diese Geschichte ausgeht. Gott hat Geduld mit uns Menschen, auch wenn wir oft genug wie nutzlose und unfruchtbare Bäume herumstehen. Doch die Geduld Gottes hat auch ein Ziel: Gott traut es uns zu, dass wir die Zeit unseres Lebens gut nutzen. Und Jesus will uns mit seinem Gleichnis dazu motivieren, gleich heute damit zu beginnen – damit zu beginnen umzukehren, uns nicht nur mit halber, sondern mit ganzer Kraft um das Gute zu mühen, fruchtbar zu werden für das Reich Gottes.

Und noch ein Zweites können wir aus dem Evangelium lernen. Manchmal meinen wir – genauso wie die Leute, die zu Jesus kommen und ihm die neuesten Nachrichten erzählen, was wieder Schreckliches passiert ist – manchmal meinen wir, ein Schicksalsschlag, ein plötzlicher Todesfall, ein furchtbares Unglück, das alles könne doch kein Zufall sein, bestimmt sei das die Strafe Gottes für eine schwere Sünde, auch wenn niemand davon gewusst habe.

Doch die Antwort Jesu auf solche Mutmaßungen ist eindeutig und klar: Wenn das so wäre, meint Jesus, dann müssten alle Menschen durch so ein Unglück sterben, weil schließlich alle Sünder sind und mehr oder weniger große Schuld auf sich geladen haben. Gott aber bestraft die Sünder nicht, sein großes Markenzeichen ist die Geduld und die Barmherzigkeit, mit der er uns Sünder noch Zeit einräumt, unser Leben zu ordnen und umzukehren.

Dass aber Gott Geduld mit uns hat, das können wir auch in der Geschichte des Mose entdecken. Der Hitzkopf und Weltverbesserer Mose, als Hebräerkind durch eine List seiner Mutter und seiner Schwester vor dem sicheren Tod gerettet, wächst gut behütet auf im Haus der Tochter des Pharao, und als junger Mann meint er sogar, seinen Landsleuten das harte Leben in der Sklaverei erleichtern zu können, wenn er sich nur dafür einsetzt. Doch der Schuss geht nach hinten los, als er im Zorn den Aufseher erschlägt und schließlich vor dem Pharao fliehen muss.

Als Schafhirte in der Steppe hat er dann endlich genug Zeit, die nötige Geduld und den langen Atem zu lernen, die man braucht, um wirklich etwas verändern zu können. Ohne es zu merken geht er sozusagen durch die Lebensschule Gottes. Und nach dieser langen Zeit macht er bei einem faszinierenden Erlebnis am Gottesberg Horeb die Erfahrung, dass Gott ihn, den Totschläger im Affekt, nicht aufgegeben hat, dass Gott in großer Geduld ausgerechnet ihn, den scheinbar nutzlosen Dornbusch in der Steppe, dazu vorbereitet und auserwählt hat, das Feuer seiner Gegenwart in ihm aufstrahlen zu lassen und ihn als Befreier der Israeliten zum Pharao, dem mächtigen König der Ägypter, zu schicken.

So oder ganz ähnlich verlaufen nicht nur in biblischen Zeiten die Biografien der auf den ersten Blick nutzlosen und unfruchtbaren Feigenbäume, die ein anderer schon längst umgehauen hätte, die aber Gott in seiner unnachahmlichen Geduld noch einmal aufgegraben, gedüngt und mit seiner besonderen Liebe behandelt hat, bis ihr Leben dann doch fruchtbar wurde.

Und so gesehen, liebe Mitchristen, steht bestimmt auch uns noch eine ganz große Zukunft bevor, wenn wir uns nur in Gottes Baumschule begeben und uns nicht sträuben gegen seine gärtnerische Kunst. Die Fastenzeit, die österliche Bußzeit will uns ganz besonders dazu einladen und ermutigen.

Stadtpfarrer Franz Reitinger, Deggendorf St. Martin

 

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