Direkt zum Hauptbereich

Vom Werden - zum 15. Sonntag im Jahreskreis A - Kaplan Pater Gregor Schuller OSB



Detail Deckengemälde (Abteikirche Metten), Foto: P. Thomas Winter OSB

„Bleib so wie du bist!“ – Das ist ein Wunsch, den man anlässlich von Geburtstagen oft zu hören bekommt. Aber geht das überhaupt, ist das sinnvoll? Würde das nicht auf Dauer Stillstand bedeuten?

Seit wann bin ich eigentlich so wie ich bin? Wie bin ich so geworden? Wer hat dabei mitgewirkt, positiv wie vielleicht auch negativ? Will ich so bleiben? Kann ich so bleiben? Menschliches Leben bedeutet sicher ständige Veränderung. Keiner kann einfach Stillstand verordnen. Tut das doch jemand, dann hängt er sich nur selber ab und verliert den Anschluss. Er wird letztlich allein zurückbleiben. Deutlich wird diese Tatsache im beständigen Werden und Vergehen der Natur: sie ist ständig im Werden, im Wachsen, in Veränderung und zwar immer auf neue Höhepunkte hin. Die scheinbare Starre des Winters ist nur Vorbereitung auf neues Blühen und Wachsen hin.

Von diesem steten werden der Schöpfung spricht auch die zweite Lesung des heutigen Sonntags (Röm 8,18–23). Es geht hier um das beständige und fortdauernde Werden der Schöpfung Gottes. Zwar ist die Schöpfung an sich gut, aber noch nicht vollendet, also noch nicht fertig. Sie wird ständig neu auf ein Ziel hin, das Gott ist. In dieser Schöpfung haben wir Menschen unseren festen Platz. In dieser Schöpfung haben wir die Gelegenheit und den Auftrag, mit der Schöpfung mitzuwachsen. Wir Christen sind eingeladen, immer mehr aus Gott und durch Gott leben. Das ist die Sendung eines jeden Getauften. In einem so verstandenen Schöpfungsprozess lässt sich vielleicht auch das Leid einordnen. Es hat auf geheimnisvolle Weise seinen festen Platz in der Weltordnung, die – noch unvollendet – auf das Gute hin unterwegs ist. Sie ist noch im Werden.

In diesem System hat auch die Kirche ihren Platz. Christus selbst pilgert mit ihr – trotz mancher Fehler und Makel – durch die Zeit auf die große Vollendung zu. Er ist da und nährt uns durch sein Wort. Er ist uns besonders nahe in seinen Sakramenten, die uns Hilfe und Stärkung auf dem Weg sein wollen. Er lädt uns ein, aus dem großen und reichen Schatz der Kirche ganz frei und unbefangen Altes und Neues zu schöpfen, damit Wachstum möglich ist.

Es ist bereits vieles gut, aber noch nicht abschließend gut. Aber wir sind ja noch nicht am Ende. Jeder – und mit ihm die ganze Kirche – wird täglich neu und wächst so auf Gott hin. Das ist unsere Hoffnung. Wer in ihm wächst, bleibt. Es ist ein Bleiben in einer Sache und einer Situation, die wird!


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann Kirche im Januar 2022 noch Heimat sein? Predigt zum 4. Sonntag i. J.

Um die Kirche steht es schlecht. So viele Unklarheiten, so viele patriarchale Strukturen, Missbrauch, Vertuschung, unguter Umgang mit Homosexualität und anderes mehr. Nicht wenige haben das Gefühl, die Kirche, die ihnen Heimat war, bricht aus ihrem Leben weg. Heimat zu verlieren aber ist schmerzhaft.  Auch Jesus ist im Evangelium vom heutigen Sonntag dabei, seine Heimat zu verlieren. Nicht nur wird kein Prophet in seiner Heimat anerkannt, wie er im heutigen Evangelium sagt. Noch dazu provoziert Jesus die Menschen seiner Heimat. Denn er weist auf Ereignisse hin, bei denen sich Gott nicht als Gott der Juden erwiesen hat, sondern als Gott von Fremden - beispielsweise eines Syrers. Der wurde vom Aussatz geheilt, nicht die Kranken Israels. Provokationen, die die Menschen seiner Heimat verärgern und fast zur Lynchung Jesu führen. Doch der schreitet mitten durch die Menschenmenge und geht weg, wie in dieser Stelle aus dem Lukasevangelium zu lesen ist. Die Provokation Jesu ist die Aussage: Go

Zum 3. Fastensonntag - Gedanken von Pfarrer Franz Reitinger

Die Gleichnisgeschichte, die Jesus im heutigen Evangelium erzählt, kann man ganz leicht falsch verstehen. Gott ist nicht, wie man denken könnte, so wie der Besitzer dieses Weinbergs, der am liebsten den unfruchtbaren Feigenbaum umhauen würde. Gott ist so, wie diese Geschichte ausgeht. Gott hat Geduld mit uns Menschen, auch wenn wir oft genug wie nutzlose und unfruchtbare Bäume herumstehen. Doch die Geduld Gottes hat auch ein Ziel: Gott traut es uns zu, dass wir die Zeit unseres Lebens gut nutzen. Und Jesus will uns mit seinem Gleichnis dazu motivieren, gleich heute damit zu beginnen – damit zu beginnen umzukehren, uns nicht nur mit halber, sondern mit ganzer Kraft um das Gute zu mühen, fruchtbar zu werden für das Reich Gottes. Und noch ein Zweites können wir aus dem Evangelium lernen. Manchmal meinen wir – genauso wie die Leute, die zu Jesus kommen und ihm die neuesten Nachrichten erzählen, was wieder Schreckliches passiert ist – manchmal meinen wir, ein Schicksalsschlag, ein plötzli

Auszug aus der Predigt am Faschingssonntag, 27.02.2022 von Stadtpfarrer Franz Reitinger

 Liebe Mitchristen, liebe Schwestern, liebe Brüder, bevor er so richtig begann, ist der Fasching auch heuer wieder von der Bildfläche verschwunden. Hatte die Corona-Pandemie schon vieles unterbunden, war die Lust auf Karneval mit dem Münchner Gutachten um Missbrauch  und Vertuschung schon merklich reduziert, so hat der Krieg, die Aggression Putins gegen die Ukraine die meisten von uns auf einen Tiefpunkt der Faschingslaune geführt. Wie sollten wir uns auch als Narren gebärden, während Raketen und Bomben, Flugzeuge und Panzer wehrlose  Menschen gefährden. Ich sage es deutlich, wenn auch in Reimen. Die Lage in Europa ist seit Donnerstag nur noch zum Weinen. Die Ukraine und sein demokratisch gewählter Präsident ist in höchster  Gefahr. Es steht zu befürchten, dass er nicht das letzte Opfer von Putins menschenverachtender Diktatur war. Ja, meine lieben Mitchristen, ich wäre so gerne auf die Kanzel gegangen, Und hätte so gern mit harmlosen, lustigen Versen Sie eingefangen. Doc