Gedanken von Pfarrer Franz Reitinger zum 13. Sonntag im Jahreskreis (Evangelium: Matthäus 10, 37-42)
Doch es besteht kein Zweifel an einer Feststellung, die wir gerne ausblenden: Jesus war kein Nesthocker. Die bequeme Fortsetzung der Einquartierung im Hotel Mama war nicht sein Ding. Das heutige Evangelium klingt eher wie eine Predigt mit kalter Dusche zum Thema "Werdet endlich erwachsen!"
Oder sind diese und die folgenden Sätze von der Kreuzesnachfolge nur der gut kalkulierte Versuch Jesu, seine Anhänger auf eine bedingungslose Gefolgschaft einzuschwören? War er vielleicht doch so etwas wie ein narzisstischer Demagoge, dem es wie allen anderen vor und nach ihm nur darauf ankam, Menschen von ihm abhängig zu machen? Ist es die Person und die Botschaft Jesu überhaupt wert, ihm auf seinem Weg zu folgen?
Doch es wird nicht einmal von den sachlichsten Wissenschaftlern bezweifelt, dass eine ungemein große Faszination von ihm ausging und bis heute von ihm ausgeht. Selbst für die Skeptiker unter seinen Jüngern war er mindestens ein Prophet. Seine heilende Wirkung auf Menschen mit allerlei Gebrechen ist auch mit großem zeitlichem Abstand kaum zu bestreiten. Und die ältesten Zeugnisse, die uns von ihm überliefert sind, schildern ihn als einen Gottesmann, der ganz und gar durchdrungen war von der Nähe zu Gott, den er seinen Vater nannte. Und die konsequente Treue zu seiner Botschaft von der barmherzigen Liebe Gottes dürfte es gewesen sein, die ihn dazu brachte, alles dafür zu riskieren und sich ohne Gegenwehr zum Verbrechertod am Kreuz verurteilen zu lassen.
Und erst nach Ostern, erst nach dieser Wende am Ostermorgen, die niemand für möglich gehalten hatte, wurde seinen Jüngern allmählich klar, wie er seinen Anspruch der Messias zu sein, verstanden hatte. Und sie begannen zu begreifen, dass seine Auferstehung von den Toten von der Treue Gottes zu seinem geliebten Sohn Jesus Christus erzählt. In diesem österlichen Licht verstanden sie nun seine Rätselworte, die sie dazu aufgefordert hatten, ihm auf seinem Weg zu folgen, ihn mehr zu lieben als die engsten Familienangehörigen und sogar in der Kreuzesnachfolge seine Schüler zu werden.
Ja, dieser Weg Jesu in den Tod und durch den Tod hindurch war es, dieser Weg der Liebe ist es, der den Tod entmachtet, der Menschen befreit aus aller Art von Abhängigkeiten und sie erlöst von den fatalen Folgen ihrer Sündenschuld. All das ist aufgehoben und aufgewogen durch die größere Macht der Liebe Jesu Christi, der in seinem Tod alles Todbringende zerschlagen und vernichtet hat. Seit diesem Ostermorgen gilt nichts mehr als die Lebenszusage Gottes.
Und seither lautet die erste Entscheidungsfrage für alle, die mehr oder weniger selbstverständlich durch die Taufe zu Christen und Jesusjüngern geworden sind, ob aus der unterschiedlich großen Faszination, die die Person Jesu auf sie, auf uns ausübt, eine Überzeugung wird - eine Überzeugung, dass er auch für mich der von Gott gesandte Messias und Erlöser ist, dass er auch meinem Leben eine neue Wendung geben kann, dass auch ich von ihm eine ganz andere Qualität und einen tieferen Sinn für mein Leben erwarten darf und nach meinem Tod das ewige Leben in unverhülltem Kontakt mit Gott, dem Ewigen.
Und die zweite Entscheidungsfrage lautet, wie sehr wir es Jesus Christus, unserem Herrn und Meister gestatten, seine Prioritäten auch zu den Prioritäten unseres Lebens zu machen, und dies nicht nur einmal, sondern jeden Tag aufs neue, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde.
Doch eines steht für immer fest: Jesus Christus ist keiner, der uns in irgendeiner Weise manipulieren will. Er ruft uns in die Entscheidung, in eine freie und selbst verantwortete Entscheidung, das ja, aber er manipuliert uns nicht, er droht nicht und akzeptiert es auch, wenn wir ihm nicht in letzter Konsequenz auf dem steilen Weg der Kreuzes-nachfolge hinterher gehen.
Ja, seine Zusage ist sogar großzügig, wenn einer auch nur mit einem Becher Wasser diejenigen unterstützt, die als seine Jünger unterwegs sind.
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