Im Evangelium vom 11. Sonntag im Jahreskreis A erklärt Jesus uns sein Hauptziel und die Weise, wie er es erreichen will. Sein Ziel ist es, das Volk, das Gott sich erwählt hat - Israel - zu sammeln. “Geht nicht zu den Heiden..., geht zu den verlorenen Schafen Israels.“ Um dieses Ziel zu erreichen, wählt er aus der Schar seiner Begleiter zwölf aus, die er mit diesem Auftrag aussendet. Wir nenne sie „Apostel“, das heißt „Gesandte“. Auch die Namen dieser Männer werden genannt. Für jeden Juden, der das hörte, war klar: Diesem Jesus geht es um ganz Israel. Er sendet zwölf aus und bezieht sich damit auf die zwölf Stämme, aus denen sich der Tradtion gemäß Israel zusammensetzt. Jesus geht es ums Ganze.
Wir wissen, wie es weiter geht. Wir wissen, dass Jesus - im großen und ganzen - scheitert. Es bekehren sich nicht viele. Mächtige Kreise erreichen seine Verurteilung und Hinrichtung.
Aber auch der Zwölferkreis scheitert. Er löst sich sehr schnell nach dem Tod Jesu auf. Paulus wird zehn Jahre nach dem Tod Jesu Jerusalem besuchen und nichts mehr wird auf einen Zwölferkreis hindeuten. Er ist Geschichte und hat keine Bedeutung mehr. Wichtig für Paulus ist dagegen das Treffen mit den „drei Säulen“ Jakobus, Johannes und Simon, vor allem aber mit Simon.
Das endgültige Scheitern Jesu am Kreuz und die Auflösung des Zwölferkreises bedeuten aber nicht das Ende des Projektes Gottes mit uns Menschen. Im Gegenteil. Es sprengt Grenzen, die vorher unüberwindlich schienen. Die Grenze vom Leben zum Tod in der Auferstehung. Und die Grenze von der Berufung Israels zum Volk Gottes hin zur Berufung aller Menschen.
Aus dem Kreis der zwölf Apostel wird nun ein viel größerer Kreis von Gesandten, die ebenfalls Apostel genannt werden. Dazu gehört Paulus. Dazu gehören Frauen wie Junias und die Apostolin der Apostel Maria von Magdala. Dazu gehören jetzt auch Frauen und Männer, die Jesus nicht mehr gekannt haben. An dieser Stelle stellt sich mir übrigens die Frage, warum maßgebende Kräfte der Kirche heute nicht an diesem weiten Apostelbegriff anknüpfen und die Priesterweihe von Frauen voranbringen - wenn Bischöfe und Priester doch als Nachfolger der Apostel gelten.
Scheitern kann zu neuen Einsichten und Perspektiven führen, ja zu neuem Leben. Wer auf alten Wegen nicht vorankommt, findet neue. Wer glaubt, an seine Grenze gekommen zu sein, bekommt die Kraft, sie zu überwinden.
Scheitern kann man aber genauso wenig planen wie den Neubeginn. Beides geschieht einfach. Uns bleibt die Aufgabe, Schritt für Schritt ohne Angst vor dem Scheitern das Leben zu wagen und im Scheitern geduldig zu bleiben.
Franz Kafka schreibt zurecht: "Vielleicht gibt es nur eine einzige Sünde: die Ungeduld."
Denn es wird Neues aufbrechen, wann und wo auch immer.
Text: Diakon Sebastian Nüßl
Bild: „Letztes Abendmahl Jesu mit den zwölf Aposteln“, Fenster aus dem Altarraum von St. Martin (Foto: Sebastian Nüßl)
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