Am 20. April 1970 hat sich Paul Celan das Leben genommen. Der 1920 in Czernowitz geborene Dichter hat mich schon früh mit seinen allerdings manchmal schwer verständlichen Gedichten in den Bann geschlagen. Seine Einstellung zur Religion - er selbst war Jude - und seine Beziehung zu Deutschland und zur deutschen Sprache sind besonders erwähnenswert. Zur Erinnerung an ihn möchte ich heute zu seinem 50. Todestag ein kurzes Gedicht von ihm zitieren und ein paar Gedanken anfügen:
Sichtbares, Hörbares, das
frei-
werdende Zeltwort:
Mitsammen.
- das Zielwort des Gedichtes ist "Mitsammen". Celan verschmilzt "Miteinander" und "Zusammen" zu diesem Ausdruck. Und tatsächlich dreht sich alles um dieses "Mitsammen". Es ist der Mittelpunkt des Christentums. Es ist der Mittelpunkt des Menschseins. Und es soll sichtbar, hörbar - erfahrbar sein in jeder Beziehung. Gerade in diesen Corona-Tagen wird uns viel davon genommen - wenigstens auf den ersten Blick. Und gerade jetzt lernen wir immer neue Wege mitsammen zu sein.
- Es heißt wirklich "Zeltwort" und nicht "Zeitwort": Mitsammen sein ist ein Zelt. Es schützt, es behütet. Aber es ist kein Haus, das immer gleich und unverändert dasteht. Es muss immer wieder neu hingestellt und hergestellt werden. Gerade als Christen sollten wir immer neue Formen des Mitsammen suchen und nicht an alten hängen.
- frei werden: Mitsammen, das nicht frei wird, ist kein Mitsammen. Mit Zwang geht nichts. Mit Gewalt geht nichts. Nicht einmal Überreden geht. "Frei werden" lassen, das erfordert sehr viel Geduld und den Mut immer das Scheitern zu riskieren. Anders ist auch die Botschaft des Christentums nicht zu verkünden.
Sebastian Nüßl, Diakon
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